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29/09/2020
Minikader zwischen Bangen und Hoffnung
Bei den Görlitzer Koweg-Handballerinnen darf für eine erfolgreiche Saison niemand ausfallen. Von Frank Thümmler Sächsische Zeitung, Ausgabe vom 30.09.2020 Vor einem Jahr stand in der Saisonvorschau für die Oberliga-Handballerinnen des SV Koweg Görlitz das Wort „Drahtseilakt“ in der Überschrift. Weil die Mannschaft personell äußerst knapp, zu Saisonbeginn mit zwei Torhüterinnen und nur neun Feldspielerinnen, aufgestellt war. Und es wurde die Frage aufgeworfen, ob die Görlitzerinnen, die ja immerhin ihren Oberligameistertitel zu verteidigen hatten, wieder um die Podestplätze würden mitspielen können – trotz des Abgangs von vier Leistungsträgerinnen. Ja – es wurde ein Drahtseilakt. Und ja – die Görlitzerinnen spielten um die Podestplätze mit, sogar erneut um den Meistertitel. Zum Zeitpunkt des Saisonabbruchs waren die Görlitzerinnen mit 20:8 Punkten auf dem dritten Tabellenplatz, befanden sich, so wie von Trainer Michael Schuller zu Saisonbeginn vorausgesagt, auf dem aufsteigenden Ast und hatten gerade sechs Spiele in Folge gewonnen. Das nächste Spiel sollte gegen den Spitzenreiter HC Rödertal II stattfinden. Mit einem Sieg hätten die Görlitzerinnen gleichziehen können. Aber dazu kam es nicht mehr – Corona. Zweieinhalb Abgänge tun weh So sehr verändert hat sich die Mannschaft jetzt nicht. Sonia Siemko war zum Jahreswechsel zum Team dazugestoßen. Dafür hat jetzt Leonie Rösel die Mannschaft verlassen. Die 21-jährige Studentin konnte in der vergangenen Saison kaum noch mit der Mannschaft trainieren und kam infolgedessen in den Spielen, zu denen sie extra aus Sachsen-Anhalt anreiste, nur auf relativ wenig Einsatzzeit. Jetzt ist sie zum Bundesligisten Halle-Neustadt gewechselt, spielt dort in der U23-Mannschaft in der 3. Bundesliga und hat vor, nach ihrem Studium denWeg zurück nach Görlitz zu finden. Es ist andererseits aus Görlitzer Sicht schade, in den nächsten zwei, drei Jahren auf dieses Talent aus dem eigenen Nachwuchs nicht mehr setzen zu können, dafür besteht die Hoffnung, mittelfristig eine Top-Spielerin zurückzubekommen – ein für alle Seiten sinnvoller Weg. Wirklich schade ist es um Dagmara Zychniewicz, die trotz ihrer Schulterprobleme vor allem in der Abwehr ein sehr wichtiger Bestandteil der Mannschaft war, sich jetzt aber einer Operation an der Schulter unterziehen musste. Stand jetzt ist noch völlig unklar, ob die 24-jährige Polin überhaupt wieder Handball spielen wird können. Für diese Saison plant Trainer Michael Schuller sie komplett aus. Und schließlich hat Koweg ein Problem auf der Torwartposition. Die starke Anne Naumann hat keine annähernd gleichwertige Absicherung. Janine Haasler will berufs- und verletzungsbedingt kürzertreten, steht bei den Heimspielen dieses Jahr zur Sicherheit zur Verfügung. Schuller hofft jetzt, dass ab Januar eine Nachwuchstorhüterin die Lücke schließen kann. Hoffnung macht der Nachwuchs Die Befürchtung war groß, dass dieser Aderlass nun nicht mehr kompensiert werden kann. Aber es gibt einen Hoffnungsschimmer, mittelfristig vielleicht sogar mehr: Victoria Grätz ist zumindest vorübergehend zurück. Die junge Kreisläuferin hatte sich wegen ihres Studiums in Chemnitz, dem sie die absolute Priorität einräumt, zurückgezogen, nur ab und zu ausgeholfen. Wegen Corona erfolgt derzeit aber kein Präsenzunterricht an der Uni, Vorlesungen werden online gehalten. Das kann die 19-Jährige auch von Görlitz aus, hat die komplette Vorbereitung mitbestritten und wird der Mannschaft zumindest bis Januar helfen können. Mit Nicola Zmiewska gibt es zudem einen vielversprechenden Neuzugang. Michael Schuller sagt über die noch 18-Jährige: „Sie hat großes Talent, ist zudem eine der begehrten Linkshänderinnen, ist aktuelle Nachwuchs-Nationalspielerin und kommt direkt von einer Sportschule“. Sie hat Koweg Görlitz (ihr Vater war Physiotherapeut bei den Zgorzelecer Basketballprofis) einer Alternative in der polnischen Extraliga vorgezogen, will den Verein in den nächsten drei, vier Jahren auch als Sprungbrett in die deutschen Bundesligen nutzen. Trotzdem ist erst einmal Zurückhaltung geboten. Die junge Polin muss sich erst an die viel höheren körperlichen Anforderungen und das höhere Tempo gewöhnen, soll auch im Verbandsligateam Spielpraxis sammeln. Außerdem ist auch Dominika Podsiadlo zurück. Die inzwischen 20-jährige Rückraumspielerin wurde einst vom damaligen Trainer Jörg Adam als Riesentalent bezeichnet, bis sich die junge Spielerin zurückzog. Jetzt wagt sie einen Neuanfang. Und schließlich hoffen die Görlitzer, dass sich die überragende Nachwuchsarbeit weiter auszahlt. Schuller: „Jeden Mittwoch trainieren derzeit eine Torhüterin und vier Spielerinnen von der B-Jugend bei uns mit. Alle sind ab Januar auch bei den Frauen spielberechtigt. Wir wollen sie langsam heranführen, auch über unser Verbandsligateam.“ Wenn diese Spielerinnen aber mit vollem Eifer dabeibleiben und nicht zu schnell zu große Fortschritte erwarten, könnten sie künftig die Personalprobleme bei Koweg lösen. Wenn man dazu berücksichtigt, dass die verbliebenen Spielerinnen in den vergangenen Jahren ja bereits bewiesen haben, dass sie Oberliga-Spitzenniveau verkörpern, könnte man für die neue Saison optimistisch sein – wenn sich niemand verletzt. So sieht es auch Michael Schuller: „Wenn wir verschont bleiben, könnten wir sicherlich oben mitspielen. Weil aber der Kader so schmal ist und einige noch Zeit brauchen werden, sind wir mit unserem Saisonziel etwas vorsichtiger, peilen einen Platz im vorderen Mittelfeld an. Favoriten aus Sicht von Schuller sind wieder die Rödertaler Zweitliga-Reserve, Niederndodeleben, auch der Aufsteiger HC Leipzig II und vor allem der Dessau-Roßlauer HV, in der vergangenen Saison nur einen Punkt hinter Görlitz Vierter und verstärkt mit mehreren Spielerinnen aus Halle-Neustadt. Und ausgerechnet Dessau kommt am kommenden Sonntag als erster Gegner der Saison in die Jahnsporthalle. Anpfiff ist 15.30 Uhr. 180 Fans dürfen dabei sein. Es gelten die gleichen Hygienebedingungen wie bei den Männern (Onlineticket über die Koweg-Internetseite plus ausgefülltes Datenblatt erforderlich.) Aber dann kann der nächste Drahtseilakt beginnen. |
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