Am Ziel: Koweg-Frauen sind Oberliga-Meister.
Der letzte Sieg in Rückmarsdorf stand auf Messers Schneider – aber die Nerven hielten.
Von Frank Thümmler
Sächsische Zeitung, Ausgabe vom 06.05.2019
Es ist geschafft: Die Görlitzer Koweg-Handballerinnen haben den größten Erfolg der Vereinsgeschichte gefeiert und sind Mitteldeutscher Meister geworden. Gebraucht wurde dafür ein Punkt am letzten Spieltag bei der HSG Rückmarsdorf. Und es wurde noch einmal ein Tanz auf Messers Schneide.
Die Rückmarsdorferinnen, die den Klassenerhalt nur fast sicher hatten, hatten keinesfalls vor, die letzten Punkte der Saison abzuschenken, und bei den Görlitzerinnen tat sich eine weitere Lücke auf: Standby-Kreisläuferin Anna Fursewicz stand für dieses letzte Spiel nicht zur Verfügung. Da auch Victoria Grätz nach ihrer schweren Ellenbogenverletzung nicht spielen konnte, standen die Görlitzerinnen ohne Kreisläuferin da, wäre da nicht Andrea Witschel gewesen, ein früherer Publikumsliebling, der wieder mit dem Training begonnen hat und sich bereiterklärte, zu spielen.
Das Spiel gestaltete sich dann so eng wie befürchtet. Die Görlitzerinnen führten zwar immer wieder, zogen bis maximal drei Tore (8:11/17.) davon, aber dann lief gut zwei Minuten lang nichts, und die Gastgeberinnen drehten das Spiel mit vier Treffern in Folge. Das 12:11 sollte die einzige Führung für Rückmarsdorf im gesamten Spiel bleiben. Johanna Girbig und Dagmara Zychniewicz sorgten mit ihren Treffern für eine 13:12-Halbzeitführung.
Auch nach der Pause blieb es eng. Die Görlitzerinnen fanden eigentlich nie so richtig in ihr Spiel, lebten viel von individueller Klasse und Einzelleistungen. Die Gastgeberinnen glichen immer wieder aus, die Görlitzerinnen legten ein Tor vor – bis zum 19:19 (46.). Dann gelang den Görlitzerinnen eine kleine Serie: vier Tore in Folge, drei davon von Maren Kühn. Das 19:23 war aber noch keine Vorentscheidung. Das große Zittern begann, den Koweg-Frauen unterliefen einige technische Fehler. Nach gespielten 56 Minuten stand es wieder Unentschieden 24:24. Und der verbliebene Titelkonkurrent Union Halle-Neustadt II führte im Parallelspiel in Magdeburg. Es war klar: eine Niederlage würden sich die Görlitzerinnen nicht leisten können. Aber gerade im richtigen Moment war auch die in dieser Saison überragende Torfrau Romy Klaus zur Stelle, entschärfte den einen oder anderen Wurf. Und vorn gelang ein Doppelschlag von Johanna Girbig und Kinga Lalewicz. Die Gastgeberinnen kamen noch einmal auf einen Treffer heran und versuchten dann eine Manndeckung über das gesamte Feld. Aber dafür waren die Görlitzerinnen zu clever. Lidia Wrzal erzielte eine Minute vor Schluss ihren letzten Treffer im Koweg-Trikot (sie hört auf), der gleichzeitig die Meisterschaft endgültig sicherte. Wiktoria Blasczcyk legte noch einen drauf – danach gab es kein Halten mehr. Die Spielerinnen lagen sich in den Armen (für fast alle ist dies auch der größte Erfolg ihrer Karriere), die zahlreich mitgereisten Fans stürmten des Parkett. Ein kleiner Wermutstropfen: Der Mitteldeutsche Handballverband schaffte es, nicht vor Ort zu sein und Meisterschale und Medaillen zu übergeben! Ein Trauerspiel. Die Rückfahrt nach Görlitz war trotzdem lustig.
In all den Jubel mischt sich auch ein wenig Wehmut. Vier Spielerinnen, die den Fans in den vergangenen Jahren ans Herz gewachsen sind, wird man nicht mehr im Koweg-Trikot sehen. Neben Lidia Wrzal wurden auch Romy Klaus, Jelena Bader und Victoria Grätz verabschiedet. Der sportlich geschaffte Aufstieg in die 3. Liga, der ein Riesen-Imagegewinn für den Verein und auch die Stadt wäre, wurde abgesagt. Wohl aus wirtschaftlichen Gründen, was ein Armutszeugnis für diese an sportlichen Aushängeschildern nicht gerade reiche Stadt und seine Unternehmen wäre. Eine offizielle Information des Vereins dazu fehlt bis heute. Fakt ist, dass der Verein laut Mitteldeutschem Handballverband nicht für die 3. Liga (Termin war der 15. April) gemeldet hat. Und nicht zuletzt: in all dem Jubel fehlt der Ex-Trainer Jörg Adam, der die Mannschaft zu 22:0 Punkten und einer super Ausgangslage für diesen Titelgewinn geführt hatte.
Koweg: Klaus, Haasler – Wrzal (5/1), Witschel, Rösel (2/1), Podsiadko, Lalewicz (5), Blasczcyk (2), Girbig (4), Zychniewicz (4), Kühn (6)
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