Silberregen für die Koweg-Handballer.
Die Görlitzer Fans feiern ihr Team auch nach der 17:21-Niederlage im Titelendspiel gegen Zwickau – für eine tolle Saison.
Von Robert Eifler
Sächsische Zeitung, Ausgabe vom 23.04.2018
Die Görlitzer Fans waren vorbereitet und hatten silberne und goldene Streifen im Gepäck. Bei einem Sieg über den Tabellenführer ZHC Grubenlampe hätten sie die goldenen geworfen, nach dem 17:21 griffen sie zu den silbernen, und feierten ihre Jungs mit einem hundertstimmigen Chor, während die blau-gelben Spieler enttäuscht auf dem Hallenboden lagen. In diesem Spiel war vieles zu sehen, was diese Mannschaft ausmacht: Die Leidenschaft, der Kampf, der sie auch Schwächen überspielen lässt. Und auch der Grund dafür ist, warum es noch nicht zum Titel gereicht hat und ein Aufstieg wohl zu früh käme.
„Heute braucht niemand dieser Mannschaft schweren Mutes zu sein. Die Jungs haben eine fantastische Saison gespielt. Klar hätte ich ihnen den Titel gegönnt, aber die Vizemeisterschaft allein ist schon etwas Herausragendes. Und die hat sich jeder einzelne verdient“, kommentierte der scheidende Trainer Jürgen Rost das Saisonergebnis. „Wir hatten in dieser Saison einige Hürden zu nehmen. Die Jungs sind innerhalb kürzester Zeit zu einer Einheit geworden, das ist ein großer Verdienst der Truppe“, so Rost weiter.
Im Endspiel war sicherlich sogar mehr drin. Koweg war auf einer tollen Aufholjagd unterwegs. Doch nach einem Angriff-Abwehr-Wechsel gut zwei Minuten vor dem Abpfiff wusste Fabrice Türkowsky, Spielmacher der Sachsenliga-Handballer des SV Koweg Görlitz, dass der große Traum von der Meisterschaft geplatzt war. Dem Griff zur Wasserflasche folgte ein recht unsanftes Abstellen dieser unter die Bank. Zu diesem Zeitpunkt führten die Gäste, ZHC Grubenlampe, mit 19:17. Die Enttäuschung war Türkowsky auch noch Minuten nach dem Spiel ins Gesicht geschrieben. Auch auf dem Mannschaftsfoto mit den überreichten Silbermedaillen fiel es ihm schwer, sich ein Lächeln abzuringen.
Doch in einem Endspiel bedarf es dafür etwas mehr als 17 eigene Tore. Es stellt auch gleich den Minusrekord ein. Rost: „Selbst 21 Treffer wie von Zwickau hätten heute nicht ausgereicht. Da muss gerade aus dem Rückraum bedeutend mehr kommen.“ Dort fehlten dem Trainer offensichtlich ein paar Pfeile im Köcher. Tim Baugstatt, Türkowsky und Kvasnicka spielten da fast durch. Zwar präsentierte sich Koweg kombinationsfreudig, aber der Zug zum Tor war nicht zwingend genug. Allein die ersten acht Angriffe verpufften allesamt, zumeist am gegnerischen Keeper. Ein 0:4 nach zehn Minuten war die Quittung dafür. Wesentlich erfolgreicher waren die Görlitzer, wenn schnell umgeschaltet und die sich noch findende gegnerische Abwehr überrannt wurde. Tom Baugstatt beendete schließlich nach 10:45 Minuten die Wartezeit auf den ersten Koweg-Treffer. Vier Minuten später waren die Neißestädter plötzlich wieder dran (4:5). Die Abwehr festigte sich, die Offensive zeigte sich nun torfreudiger. Was folgte, war eine torarme Phase. Zwei Treffer von Türkowsky, darunter ein Siebenmeter zur Pausensirene, ließen die Görlitzer nicht noch weiter zurückfallen (6:10).
Rost schien in der Kabine die Mannschaft entsprechend sensibilisiert zu haben. Denn nach dem Seitenwechsel sah der Vortrag der Neißestädter schon wesentlich besser aus, in der Euphorie eines 10:11 (37.) erschien plötzlich wieder alles möglich. Es sollte aber weder da noch nach dem 11:12 (39.) und 17:18 (54.) zum Ausgleichstreffer kommen. „Letztlich wurden unsere Wege wegen der fehlenden Alternativen dann berechenbar“, so der Görlitzer Coach.
Koweg – die Hoffnung mit einer grandiosen kämpferischen Leistung, einer bärenstarken Abwehr und mit Toren aus Einzelaktionen am Leben gehalten – fehlte am Ende auch die nötige Frische, um den Bock noch umzustoßen. „Vielleicht wird es nicht mehr so einfach wie in dieser Saison, Meister zu werden. Aber wir haben ein tolles Jahr mit dem Vizetitel hinter uns. Man darf nicht vergessen, dass diese Jungs alle noch arbeiten gehen, teilweise im Schichtsystem. Das hebt diese Leistung noch einmal hervor. Ich habe mich bei jedem einzelnen Spieler bedankt. Es war ein gebührendes Ende unserer Zusammenarbeit“, so Rost, der in einem Monat seinen 73. Geburtstag begeht und schon zahlreiche nationale und internationale Erfolge errungen hat.
In seinem Abschiedsspiel konnte er noch einmal miterleben, welche Handballbegeisterung in der Stadt Görlitz steckt. Vor ausverkaufter Kulisse, darunter zahlreiche Sponsoren und OB Siegfried Deinegge, fand dieses Endspiel mit Ehrung der beiden besten Mannschaften durch Uwe Vetterlein, Präsident des Handball-Verband Sachsen, einen angemessenen Rahmen. Mit einem Banner „Koweg-Fans = Sachsenmeister“ wussten sich auch die blau-gelben Spieler für die Unterstützung der Fans zu bedanken – inklusive Bierzapfen auf der Aftershow-Party. Und auf der konnte auch Türkowsky schon wieder lächeln, auch wenn ihn da einige Krämpfe plagten.
Gemeinsam feiern wird auch das Motto auf der diesjährigen Saisonabschlussparty in zwei Wochen sein, bei der die Görlitzer zur Einstimmung ein Freundschaftsspiel gegen den Aufsteiger der Verbandsliga Ost, den HSV Dresden, absolvieren.
Koweg: Michel, Rohne, Matthieu – Galach (3), Höhne, Türkowsky (7/3), Kvasnicka (3), Rechner, Krause, Kosmala, Tom Baugstatt (1),Vogt, Biele (1), Tim Baugstatt (2)
Spielfilm: 0:1 (2.), 0:3 (5.), 0:4 (10.), 4:5 (15.), 4:5 (20.), 4:8 (25.), 6:10 (30.), 8:11 (35.), 11:13 (40.), 14:16 (45.), 15:18 (50.), 17:18 (55.), 17:21 (60.).
Fotos: Gert Richter
Finde uns auf facebook...