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ABTEILUNGEN  Handball  1.Männermannschaft
31/08/2017
Koweg-Männer sind wieder echt Görlitz.
Nach der Rückkehr von vier Einheimischen scheint die Mannschaft stark genug für den Titel. Aber alle sind vorsichtig.

Von Frank Thümmler
Sächsische Zeitung, Ausgabe vom 31.08.2017


Am Sonntag, 17 Uhr, ertönt in der Görlitzer Jahnsporthalle für die Koweg-Männer der Anpfiff zu ihrer achten Sachsenliga-Saison in Folge. Nach zuletzt zwei dritten Plätzen und dem Aufstieg von Sachsenmeister HC Elbflorenz Dresden II und Vizemeister HC Einheit Plauen in die Mitteldeutsche Oberliga scheint das Ziel Sachsenmeister und Aufstieg logisch, zumal der Kader durch die Rückkehr von vier ehemaligen Koweg-Stammspielern noch einmal stärker geworden zu sein scheint. Aber die Verantwortlichen bremsen jegliche Euphorie. „Wir wollen in der vorderen Tabellenhälfte mitspielen“, sagt Mannschaftsleiter Jens Rohne, der sich maßgeblich an der Rückholaktion der Görlitzer beteiligt hat.

Für die Zurückhaltung gibt es mehrere Gründe. Der wichtigste: Erfolgstrainer Petr Masat ist weg. Seine Arbeit war ausschlaggebend dafür, dass die Görlitzer in den vergangenen beiden Jahren trotz vieler personeller Nackenschläge zweimal auf dem Bronzeplatz gelandet sind. Dies hatten den Koweg-Männern zum Saisonstart die wenigsten, nicht einmal sie sich selbst, zugetraut. Aber es wurden zwei überragende Spielserien mit einer Mannschaft, für die „mannschaftliche Geschlossenheit“ nicht nur eine Phrase war, und die vor allem ein Abwehrsystem verinnerlicht hatte, das vielen Gegnern Kopfzerbrechen bereitete. Im Angriff wurde die Torgefahr auf viele Schultern verteilt. Drei Koweg-Männer (Türkowsky, Hana und Galach) standen am Saisonende unter den Topten der Torschützenliste.

Aber jetzt ist Masat weg. Der 41-jährige Tscheche hat mit seinen Leistungen in Görlitz in seinem Heimatland Aufmerksamkeit erregt und die Chance erhalten, einen Erstligisten – den HC Jicin – als Cheftrainer zu übernehmen. „Er war zwar mit seinem Herzen zu 90 Prozent bei uns, aber am Ende hat er sich doch für dieses tolle Angebot entscheiden, zumal er damit auch viel näher bei seiner Familie ist. Für uns war das nachvollziehbar, aber trotzdem schmerzhaft. Wir hatten bis zuletzt gehofft“, sagt Jens Rohne.

Die Entscheidung fiel spät, eigentlich für Koweg zu spät. Zwar hatten die Görlitzer einen Plan B in der Schublade, aber auch der brauchte Zeit. Eine Liste mit rund zehn Trainerkandidaten wurde aufgestellt, Gespräche geführt, bis die Entscheidung fiel, Jürgen Rost zu verpflichten – ein Mann mit großer Vergangenheit. Der inzwischen 72-Jährige war als Kreisläufer 69-facher DDR-Nationalspieler und Vizeweltmeister 1974. Der wohl erfolgreichste Dresdner Handballer spielte mit Dynamo Berlin 17 Jahre in der DDR-Oberliga, wurde dreimal DDR-Meister und stand 1970 in Paris im Finale des Cups der Landesmeister (11:14 gegen Gummersbach). Als Trainer feierte der in Freital lebende Rost unter anderem mit Weinböhla einige Erfolge. Jetzt tritt er in Masats große Fußstapfen.

Dass es nicht gleich von Anfang an wie geschmiert laufen kann, war abzusehen. Durch die späte Verpflichtung Rosts war die Vorbereitung noch nicht hundertprozentig geplant, einige Urlaube schon gebucht. Wie jeder Handball-Trainer bringt auch der erfahrene Rost eine eigene Spielphilosophie mit. An die muss sich die Mannschaft erst gewöhnen. Und dann muss sich auch die Mannschaft neu zusammenfinden, auch wenn fast alle schon zusammengespielt haben. In den ersten Tests in Rietschen (mit allerdings vielen fehlenden Spielern) und beim Pokalspiel am vergangen Sonntag in Oelsnitz zeigten sich (noch) massive Probleme in der Abwehrarbeit, die ja in der vergangenen Saison noch absolute Stärke war. „Auch die Rückkehrer müssen sich da neu einfinden. Tim und Tom Baugstatt haben zum Beispiel in Cunewalde fast nur Angriff gespielt, bei uns werden sie auch in der Abwehr mit ran müssen“, sagt Rohne. Viel Arbeit für die Mannschaft also noch, die zum Saisonstart am Sonntag noch lange nicht abgeschlossen sein kann. Und dann gibt es ein weiteres größeres Problem: Tomas Hana, die gefährlichste Waffe der Koweg-Mannschaft der vergangenen Saison aus dem Feld – 116 Feldtore in 19 Spielen – wird mindestens in der Hinrunde fehlen. Der 28-jährige Tscheche arbeitet beruflich im Vollzugsdienst als Hundeführer und hat einen neuen Hund bekommen, den er ab September in unzähligen Lehrgängen ausbildet. Handball ist in dieser Zeit einfach nicht möglich, so bitter das für die Görlitzer auch ist, zumal gerade Linkshänder wie Hana im Rückraum besonders gesucht sind. „Wir hoffen, dass er nach dieser Ausbildung wieder bei uns anfängt“, sagt Rohne, dem ein anderer Linkshänder einfällt, der auf dieser Position im rechten Rückraum sofort spielen könnte: Patrick Michel. Der Ex-Görlitzer, vergangene Saison ebenfalls in Cunewalde, hat aber ein Angebot vom Oberligisten Freiberg bekommen und ist dorthin gewechselt. Rohne: „Auch das können wir gut nachvollziehen. Wir sind eher stolz darauf, dass wieder einmal ein Görlitzer den Sprung in höhere Spielklassen schafft.“ Die Hana-Lücke zu schließen wird trotzdem eine ganz schwierige und zugleich wichtige Aufgabe.

Das alles bewegt die Görlitzer dazu, nicht vom Ziel Meistertitel zu sprechen, zumal an einem Aufstieg auch andere Dinge hängen. „Der Finanzbedarf in der Oberliga ist allein schon durch Fahrt- und Schiedsrichterkosten um einige Tausend Euro höher. Wir müssten mit den Sponsoren reden, ob sie diesen Schritt mitgehen“, erklärt Rohne. Und das wolle man erst dann tun, wenn sich eine solche Möglichkeit auch sportlich abzeichnet.

Also können die Koweg-Männer diese Saison eigentlich gelassen und ohne Druck angehen, zumal es in der Miniliga (nur zehn statt zwölf Mannschaften) höchstwahrscheinlich keinen Absteiger geben wird. Nach dem Aufstieg der beiden Ersten in die Oberliga, dem Rückzug von Radeburg und dem Abstieg von Plauen-Oberlohsa hat sich mit dem Verbandsliga-Ost-Meister SG Kurort Hartha auch nur ein aufstiegswilliges Team von unten gefunden. Oberliga-Absteiger Zwickauer HC Grubenlampe komplettiert das Feld.

Am Sonntag geht es gleich gegen den Vorjahresvierten SG Leipzig/Zwenkau. „Eine Wundertüte, wir wissen nicht, wie viele Leipziger Bundesliga-A-Junioren mitkommen“, sagt Jens Rohne. Anfeuern in der hoffentlich gut gefüllten Jahnsporthalle hilft auf jeden Fall. Und kämpfen wird Koweg bis zum Umfallen.




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