Koweg unterliegt nur knapp dem Spitzenreiter.
SV Koweg Görlitz 23 (11)
HC Einheit Plauen 24 (15)
Gegen die habt ihr eh keine Chance. Diesen Spruch bekamen die Handballer des SV Koweg Görlitz mehrfach zu hören, als sie auf ihren Gegner im ersten Heimspiel der Rückrunde angesprochen wurden. Zu Gast war der verlustpunktfreie Tabellenführer der Sachsenliga HC Einheit Plauen, der sich auf direktem Weg in die Mitteldeutsche Oberliga befindet. Als Mittelmann Fabrice Türkowsky im Vorfeld doch eine kleine Chance ausrechnete, sah es fast schon nach Zweckoptimismus aus. Niemand hätte wohl erwartet, dass sich die Neißestädter durchweg auf Augenhöhe zum Spitzenreiter bewegten und in der Schlusssekunde des Spiels die Möglichkeit auf der Hand hatten, das für unmöglich gehaltene Unentschieden zu erzielen. Doch der Wurf fand nicht sein Ziel, und so endeten 60 spannende Handballminuten mit einem 23:24 (11:15) aus Sicht der Neißestädter. Den starken Auftritt seiner Mannschaft verpasste allerdings Koweg-Trainer Carsten John, der nach einer Zahn-Operation aussetzen musste. Ihn vertrat gebührend Matthias Wolf, der das Görlitzer Juniorteam an der Tabellenspitze der Ostsachsenliga führt.
„Diese Punkt hätten sich die Jungs mehr als verdient“, sagt Wolf, und sprach dabei das an, was alle der knapp 500 Besucher dachten. „Mir hat das sehr gefallen, wie sich die Mannschaft in dieses Spiel hineingekniet hat. Wir haben hier ein sehr spannendes und gutklassiges Handballspiel gesehen“, fügt er an. Und er wusste die Mannschaft zu führen – aber auch zu überraschen. Nicht nur dass Wolf ein neues Abwehrkonzept angedacht hatte, er brachte auch mit zahlreichen Wechseln immer wieder frischen Wind in die Partie. Und in der 45. Minute setzte er eine Maßnahme um, für die er längst bekannt ist. Koweg lag zu diesem Zeitpunkt mit 19:20 im Rückstand, da stellte er kurzfristig Jakub Mrklass als siebten Feldspieler aufs Parkett. Keeper Stefan Friebe verließ dafür seine Platz zwischen den Pfosten. Der Überraschungseffekt verpuffte aber, Schaden richtete es aber auch keinen an. Dabei war Wolf selbst nicht ganz so wohl, als er sehr kurzfristig die Anfrage erhielt, für Carsten John einzuspringen. John hatte sich tags zuvor wegen Zahnschmerzen behandeln lassen müssen – ein Spiel unter Schmerzen zu leiten kam nicht in Frage. Die Entscheidung für Wolf war nur allzu logisch, trainiert er mit seinem Team doch zweimal wöchentlich mit den Sachsenligisten zusammen. Und dennoch musste er zugeben, dass er leichte Bedenken hatte. „Für mich war das nicht so einfach, da ich noch nicht das richtige Feeling für diese Mannschaft hatte“, so Wolf. Einige der Spieler kannte er aber richtig gut. Nicht nur Patrick Michel spielt bei ihm im A-Jugend-Kader, auch Gary Biele und Richard Köhler aus seinen Reihen wurden zur Verstärkung herangezogen. Und Wolf machte schnell klar, dass diese nicht nur zum Auffüllen der Bank da waren. Bereits in der 10. Spielminute wurde Köhler für die Abwehr ins Team beordert, nur drei Minuten später folgte ihm Gary Biele. Und beide merkten, dass die blau-gelbe Mannschaft alles andere als unterlegen war. „Man hat während des Spiels gemerkt, was für Potential eigentlich in dieser Mannschaft steckt. Ich denke wir waren Plauen absolut ebenbürtig“, sagt der erst 17-jährige Köhler, der sich im Abwehrverbund sichtbar wohl fühlte. Wie Nebenmann Marco Brendler schreckte auch er nicht vor den großgewachsenen Plauener Rückraumspielern zurück. Köhler: „Ich denke dass die Abwehr sowieso wesentlich wichtiger ist. Dort musst du zeigen was du drauf hast.“ Dass er einer der ersten ist, die aus dem Juniorteam hochgezogen wurden, sei zwar eine kleine Auszeichnung, letztlich aber nicht von Bedeutung. „Wir alle werden Schritt für Schritt herangeführt. Da ist es völlig egal, wer den Anfang macht“, sagt Köhler bescheiden. Während ihm ein Kontertor gelang, durfte sich Biele gerade in der Offensive deutlich mehr einbringen. Unter anderem zwei Treffer, einer davon als sehenswerter Rückhandwurf, und zwei herausgeholte Siebenmeter, kann sich der Kreisläufer auf die Fahne schreiben. Damit ist Biele wieder genau dort, wo er vor 16 Monaten schon einmal war. Nur besser. Damals machte er sein letztes Spiel für das Sachsenliga-Team, musste aber aufgrund einer Knieverletzung erst einmal pausieren. Für ihn sei es dann ein glücklicher Umstand gewesen, bei Wolf wieder trainieren und spielen zu können. „Er baut eine Mannschaft so auf, dass die Stärken jedes Einzelnen gefördert werden“, meint Biele. Für ihn war die Kreisläuferposition scheinbar genau das richtige. Nach seinem Einsatz musste er aber auch zugeben, dass die Kombination zwischen Rückraum und Kreis beim Sachsenligisten nicht ganz so stark ausgeprägt sei wie im Juniorteam. Dort erhält er bedeutend mehr Anspiele. Dennoch war Biele mit der Leistung der Mannschaft sehr zufrieden. Biele: „Dafür dass wir hier nichts zu verlieren hatten haben wir fast das Maximum herausgeholt.“ Einen Vorwurf wollte niemand machen, dass der letzte Wurf nicht ins Tor fand. Dafür hat die Mannschaft schon vorher zahlreiche Möglichkeiten ausgelassen, um dass man die knappe Niederlage an dieser Szene festmachen kann und sollte. Nun hofft nicht nur Biele, weiterhin durch Leistung überzeugen zu können und damit weitere Einsatzchancen zu bekommen. „Die beiden haben ihre Sache richtig gut gemacht“, lobte Wolf und macht klar, dass diese Maßnahme keine einmalige Geschichte gewesen sei. Zu jedem Spieltag sei nun geplant, zwei bis drei Akteure aus dem Ostsachsenliga-Kader hinzuziehen und so langfristig ein stabiles Team aufzubauen. Wolf: „Die erste Mannschaft muss das Aushängeschild für den gesamten Nachwuchs werden. Und ich denke die Jungs sind in ihrer Entwicklung langsam für Einsätze in der Sachsenliga bereit.“
Koweg spielte mit: Friebe, Purschke (beide Tor), Scholze (1), Köhler (1), Kuwano (3), Brendler (1), Türkowsky (5/2), Besser-Wilke (1), Michel (1), Krause, Mrklass (1), Biele (2), Masat, Vanek (7)
Spielfilm: 0:1 (1.), 1:1 (5.), 3:3 (10.), 4:5 (15.), 6:8 (20.), 8:11 (25.), 11:15 (30.), 15:16 (35.), 17:17 (40.), 19:20 (45.), 22:23 (50.), 22:24 (55.), 23:24 (60.)
Robert Eifler
Fotos: Gert Richter
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