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04/04/2013
Görlitzer Handball-Ass braucht Sponsorenhilfe.
In die Feier zum runden Geburtstag von Marzena Kot mischen sich Sorgen, ob sie in Görlitz bleiben kann.

Bei Frauen weiß man ja nie so recht, ob man es verraten darf: Diese Frau wird am Montag 40 Jahre alt. Wer Marzena Kot kennt oder sie Handball spielen sieht, mag das kaum glauben. Sie ist fit wie ein Turnschuh, macht so mancher 25-Jährigen was vor, fühlt sich wohl unter ihren Mitspielerinnen, von denen die Jüngsten im Alter ihres Sohnes sind, strahlt Lebensfreude aus und ist die Leitfigur der Koweg-Handballerinnen. 60 Länderspiele hat Marzena Kot für ihr Heimatland Polen absolviert. Mehr als 100 Mal lief sie in Deutschlands zweiter und dritter Bundesliga auf. In der Sachsenliga wurde sie in der vergangenen Spielzeit Torschützenkönigin. Und dennoch meldet sich Marzena Kot, Rückraumspielerin bei den Oberliga-Handballerinnen des SV Koweg Görlitz, freiwillig, um die verschwitzten Spielertrikots ihrer Mannschaftskollegen nach einem Ligaspiel zu waschen. Starallüren sind ihr fremd.
Und sie hätte nichts dagegen, noch länger in der Neißestadt zu bleiben. Der Verein will, sie will, und ihr Trainer Jörg Adam erst recht. Allen Vorstellungen nach soll sie langfristig an den Verein gebunden werden. Doch ihr Verbleib hängt von einigen Parametern ab. Und alle Seiten arbeiten daran, die anstehenden Aufgaben zu bewältigen. Marzena Kot ist eine der Schlüsselspielerinnen im Aufgebot der Görlitzer Oberliga-Handballerinnen. Allein mit ihren 188 Toren in der vergangenen Sachsenliga-Saison hatte sie einen riesigen Anteil am Aufstieg ihrer Mannschaft in Deutschlands vierthöchste Liga. Ihre Stellung im Team ist anderen Mannschaften natürlich nicht unbemerkt geblieben. So wurde der Rückraumwerferin kurz vor dem Aufstiegsspiel zur Mitteldeutschen Oberliga aus Richtung des Tabellenzweiten ein Wechsel schmackhaft gemacht. Doch irritieren ließ sich Kot von diesem Angebot nicht, stieg mit den Koweg-Damen auf und blieb in der Neißestadt. Sie will unbedingt in der Grenzstadt weiterspielen. „Wir haben eine richtig gute Mannschaft, die noch einiges erreichen kann. Und von dieser Mannschaft will ich weiterhin ein Teil sein“, sagt die Rechtshänderin. Auch ihr Trainer hat noch einiges mit ihr vor. Eine intensive und erfolgreiche Zusammenarbeit in den nächsten zwei bis drei Jahren würde er mehr als begrüßen. Das Alter spielt für ihn absolut keine Rolle. Er erinnert gern daran, dass er als Coach beim HC Sachsen Neustadt-Sebnitz die Weltmeisterin Silvia König verpflichtet hat – im stolzen Alter von 43 Jahren.

Perspektive Nachwuchstrainerin

Der Wunsch des Koweg-Trainers geht sogar noch einen Schritt weiter. Für ihn ist es absolut vorstellbar, dass Marzena Kot im Anschluss an ihre Karriere als Trainerin im blau-gelben Nachwuchs einsteigt. Aktuell leitet Kot hin und wieder die Trainingseinheiten ihrer Mannschaft, wenn Adam durch seinen Schichtdienst verhindert ist. „Wir müssen versuchen dieses Potenzial und diesen Erfahrungsschatz langfristig an den Verein zu binden“, so Adam. Ein Weggang zum jetzigen Zeitpunkt wäre die denkbar schlechteste Alternative. Dabei ist das Engagement in Görlitz für Marzena Kot auch mit einer Trennung von ihrer Familie verbunden. Ihr Mann und der fast erwachsene Sohn leben in Stettin, wohin Marzena Kot jeweils direkt nach den Spielen für ein paar Tage pendelt.
Ergibt sich eine langfristige Alternative in Görlitz, könnte es sein, dass Kots vielleicht hierher ziehen. Denn Trainer und Verein wissen nur allzu gut, was sie an einer Marzena Kot haben. Vor knapp zwei Jahren lotste Adam, der gerade seine erste Spielzeit bei den Görlitzer Handballerinnen hinter sich hatte, Kot in die Neißestadt. Zuvor stand sie beim Bundesligisten SC Riesa im Aufgebot. „Marzena ist für uns absolut wertvoll und das Aushängeschild für den Frauenhandball schlechthin“, schwärmt Adam von seiner Rückraumspielerin.

Mehr als nur Tore werfen

Aktuell rangiert sie mit 110 Treffern wieder unter den Top5 der Oberliga – auch deshalb, weil sie die Spielerin im Koweg-Kader ist, die die meiste Zeit auf dem Spielfeld steht. Sie hat ohne Zweifel ihren Anteil daran, dass der Frauenhandball in der Neißestadt eine derart positive Entwicklung genommen hat. Durchschnittlich mehr als 300 Zuschauer pro Spiel sind der beste Beweis dafür. Doch die Polin ist nicht nur zum Tore werfen da, sondern fühlt sich selbst auch zuständig, gerade ihre jungen Mitspielerinnen zu fördern. „Es macht mich stolz, mit ihr zu spielen. Man lernt viel von ihr. Und trotz ihrer vielen Erfolge hat sie keinerlei Starallüren“, sagt die erst 16-jährige Josephine Tschuck, die auf der gleichen Position spielt wie Kot. Aus einer Art „Staunphase“, in der sich in der letzten Saison nicht nur Tschuck befand, dürften die Mitspielerinnen inzwischen heraus sein. So gibt Adam offen zu, dass viele Mitspielerinnen erst eine Weile brauchten, um mit ihrer Spielweise klar zu kommen. Nicht etwa, weil Kot unorthodoxen Handball spielen würde, mehr deshalb, weil sie oftmals schneller denkt und spielt als es die Görlitzerinnen gewohnt waren. Doch inzwischen profitiert das gesamte Team von ihrer Erfahrung. Adam: „Für uns war und ist Marzena ein absoluter Goldgriff. Sie hat die Mannschaft entscheidend nach vorn gebracht. Du kannst als Trainer manchmal erzählen, was du willst. Aber du brauchst auch jemanden, der diese handballerische Professionalität konsequent vorlebt.“ Profitieren sollten in dieser Saison auch die anderen polnischen Spielerinnen im Koweg-Kader, auf die Kot entsprechenden Druck aufbaut. Wer wenn nicht sie wüsste genau, wie hart man dafür arbeiten müsse, um sich im deutschen Frauenhandball durchzusetzen und zu etablieren. Denn eine Karriere, wie Kot sie hingelegt hat, schafft man nicht so ohne Weiteres.
Nun stellt sich erneut die Gretchenfrage über den Verbleib der ehemaligen polnischen Nationalspielerin. „Es gibt eine ungünstige Entwicklung“, sagt Koweg-Trainer Adam, „aber wir lassen uns deswegen nicht entmutigen.“ Der Grund: Das Unternehmen, das Kot seit ihrer Verpflichtung in Görlitz unterstützt hat, hat kürzlich den Geschäftsbetrieb eingestellt. Jetzt sind die vorhandenen oder vielleicht auch neue Sponsoren gefragt: „Es wäre schön, wenn wir Marzena ein Auto für ihre Heimfahrten zur Verfügung stellen könnten“, sagt Jörg Adam. Fast noch wichtiger: Marzena Kot sucht eine neue Arbeit und kann sich beruflich vieles vorstellen. Von einer Assistentin für zweisprachige Projekte in Firmen über Kinderbetreuung bis hin zu Autovermietung und Einzelhandel (z.B. Unterhaltungselektronik). Wer also eine taffe, junge Frau sucht und Koweg damit mächtig weiterhelfen will, kann sich gern in der Geschäftsstelle ( 03581 412077) melden. Das wäre das wohl größte Geburtstagsgeschenk für Marzena Kot.

Robert Eifler

Bild: So sehen die Görlitzer Handballfans Marzena Kot am liebsten: Die Rückraumspielerin ist hochgestiegen, guckt sich die Torfrau aus und hämmert den Ball dann (meistens) ins Tor. Aber die Polin kann viel mehr als nur Tore werfen und ist für Trainer Jörg Adam die derzeit wohl wichtigste Spielerin. Foto: P. Wilhelm




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